Mainz 05 im DFB-Pokal gegen Bayern München chancenlos

Ein großer Pokal-Abend war angekündigt, doch es wurde ein von Beginn an einseitiges Spiel, das der Favorit klar für sich entschied. Dazu sah 05-Trainer Bo Svensson die Rote Karte.

Das war schlicht und einfach eine klare Sache an diesem Abend: Der mit großen Hoffnungen in die Achtelfinal-Partie des DFB-Pokals gegen den FC Bayern München gegangene Fußball-Bundesligist FSV Mainz 05 hat gegen den FC Bayern München eine empfindliche Niederlage kassiert. Der Rekordmeister setzte sich vor 33.305 Zuschauern in der ausverkauften Mewa Arena durch Tore von Eric Maxim Choupo-Moting (17.), Jamal Musiala (30.), Leroy Sané (44.) und Alphonso Davies (84.) 4:0 (3:0) durch und beendete damit zugleich seine Ergebniskrise, die nach drei Unentschieden zum Jahresstart ausgerufen worden war.

Mutig wollte der Mainzer Trainer Bo Svensson die 05er auf dem Platz sehen und dazu auch mit dem Glauben an die eigene Stärke. So wie bei den vergangenen zwei Bundesliga-Heimspielen gegen die Bayern, die die Mainzer jeweils für sich entschieden haben. So wie auch am vergangenen Samstag beim beeindruckenden 5:2-Erfolg gegen den VfL Bochum.

Gegenüber dieser Partie nahm Svensson drei Änderungen vor und setzte überraschend Stefan Bell, Jae-sung Lee und den zuletzt überragenden Karim Onisiwo zunächst auf die Ersatzbank. Für sie begannen Aaron Martin, Anton Stach und Aymen Barkok und zeigten mit ihren Teamkollegen Fußball auf Abstand. Die Bayern wurden kaum einmal ernsthaft am Ball gestört, die Mainzer suchten vergeblich nach Zugriff auf den Gegner. Schon in den ersten drei Minuten brachten die Münchner den Ball dreimal mit Pässen in den Mainzer Strafraum. Bis zur Pause erspielten sich die Gäste immer wieder gute Gelegenheiten und hätten nach 45 Minuten noch höher als mit drei Toren führen können.

Dabei waren alle drei Treffer sehenswert, auch wenn die Mainzer den Gegner in diesen Szenen als passive Zuschauer unterstützten. Beim 1:0 vollendete Choupo-Moting an seiner früheren Wirkungsstätte eine Flanke des gerade erst am Dienstag verpflichteten Joao Cancelo gefühlvoll mit dem Innenrist aus spitzem Winkel. Das 2:0 erzielte Musiala mit einem passgenauen Schuss an den Innenpfosten, von dem aus das Spielgerät ins Tor prallte. Beim 3:0 legte Choupo-Moting den Ball herausragend auf Sané auf, der sich diese Möglichkeit nicht entgehen ließ.

Letzlich hatten die Mainzer nicht nur Glück, dass es zur Pause nur 0:3 stand, sondern auch, dass sie die zweite Halbzeit zu elft angehen konnten. Denn der schon verwarnte Silvan Widmer hätte für einen Zupfer gegen Thomas Müller durchaus die Gelb-Rote Karte sehen können (37.). Doch Schiedsrichter Deniz Aytekin zeigte sich gnädig und zeigte stattdessen dem meckernden Müller Gelb. Kurz darauf ließ sich Widmer mit Oberschenkelproblemen auswechseln.

Immerhin begannen die Mainzer die zweite Halbzeit schon eher so, wie es sich Svensson vorgestellt hatte. Sie griffen nun weiter vorne an und kamen so auch zu der ein oder anderen Balleroberung. Die erste Torchance hatten aber erneut die Bayern, für die Müller frei vor Dahmen auftauchte, aber am Keeper scheiterte. Erst in der 60. Minute wurden auch die Mainzer erstmal gefährlich: Anthony Caci schlenzte den Ball knapp am Tor vorbei. Die 05er hatten nun noch die ein oder andere Offensivaktion, die Bayern aber insgesamt auch in der zweiten Halbzeit die besseren Chancen und auch das Kopfballtor durch Davies. Bittere Schlusspunkte aus Mainzer Sicht: Aytekin zeigte Svensson in der 82. Minute die Rote Karte. Was der 05-Trainer gerufen hatte, war zunächst nicht bekannt geworden. Und 05-Profi Alexander Hack sah nach einem Foul auch noch Gelb-Rot (87.).

Aus der großen Vorfreude wird die große Enttäuschung. Warum der Auftritt der 05er gegen den FC Bayern viele Fragen und großen Frust hinterlässt.

So groß die Vorfreude, so groß die Ernüchterung, so groß der Unterschied in diesem ungleichen Vergleich. Aus dem Pokal-Kracher und dem angekündigten großen Fight gegen den Branchenprimus wurde ein echter Rohrkrepierer. Eine klare Sache für die Bayern, eine riesige Enttäuschung für Mainz 05. Und man fragte sich - vor allem in der ersten Halbzeit - die ganze Zeit: Worauf warten die 05er eigentlich? Wann legen sie endlich los? Wo ist das Feuer, das man in so einem Spiel braucht? Es fehlte einfach alles - und so etwas endet gegen den Rekordmeister in der Regel fatal. Der Stecker war nach 30 Minuten mit dem 0:2 gezogen, das 0:3 zur Pause eine Bestätigung vieler Fehler und Fehleinschätzungen. Frust statt Lust.

Was war das eigentlich? Von Beginn an kamen die Mainzer nicht von der Stelle. Sie standen viel zu tief, kamen im Zentrum zu keinen Balleroberungen, das Umschaltspiel war dadurch nicht vorhanden, sie liefen auch vorne nicht an, attackierten wenn überhaupt viel zu zögerlich, Torgefahr: Fehlanzeige. Und immer wieder die Frage: Worauf warten die 05er? Sie kamen in keinen Zweikampf, meistens begleiteten die 05er die Bayern mit zwei Metern „Sicherheitsabstand”. Wie das Kaninchen vor der Schlange. Wo war die Zweikampfschärfe, die es braucht, um einen spielerisch haushoch überlegenen Gegner auszubremsen? Die Bayern nutzten die Freiheiten und Räume gnadenlos aus - mit herausragenden Abschlüssen. Balsam für die Bayern-Seele. Schmerzhaft für Bo Svensson und seine 05er, die sich eigentlich so viel vorgenommen hatten. Svenssons Frust kulminierte in der Roten Karte, die er zehn Minuten vor dem Spielende sah. Schon irgendwie ein Sinnbild für den verkorksten Pokal-Abend.

Stimmen zum Spiel

Bo Svensson (05-Trainer): „Glückwunsch an die Bayern zum sehr verdienten Weiterkommen. Vor allem in der ersten Halbzeit waren wir deutlich unterlegen. Das lag an den Bayern, aber auch an uns. Das war enttäuschend, zu passiv, ohne Mut, immer eher einen Schritt zurück statt nach vorne. Wir waren in allen Belangen unterlegen Damit müssen wir kritisch umgehen. Die zweite Halbzeit war in Ordnung. Das was, wie wir spielen wollten, haben wir dann umgesetzt. Aber wenn du nur eine Halbzeit so spielst gegen die Bayern, dann hast du keine Chance. Lee und Onisiwo waren beide in den vergangenen Tagen krank, deshalb war es schwierig, sie in die Startelf zu stellen.“

Julian Nagelsmann (Bayern-Trainer): „Ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis, auch mit der Art und Weise. Generell sind Spiele gegen Mainz und gegen Mannschaften von Bo Svensson extrem schwierig. Ich schätze Bo als Trainer extrem. Er hat heute auch eine klare Idee gehabt, die unangenehm zu bespielen war. Wir haben versucht, nicht in Schönheit zu sterben, sondern von Anfang an einen klaren Kopf zu haben, und da waren die Jungs auch sehr wach. Wir haben mit dem Ball aggressiver Richtung Tor gespielt als zuletzt. Wie hatten eine sehr gute Einstellung auf dem Feld, auch einen sehr guten Fußball gespielt. Gut war auch die Einstellung, zwingend zu null spielen zu wollen. Am Ende war es ein verdienter Sieg und für uns ein wichtiger Schritt, im neuen Jahr auch mit einem Sieg anzukommen.“

Dominik Kohr (05-Routinier): „Da hat uns einfach der Mut gefehlt. Wir waren in allen Belangen überhaupt nicht da gewesen auf dem Platz. Wir waren wie die Fans heute motiviert gewesen, ein Zeichen zu setzen und Bayern München zu ärgern. Aber wenn man das Spiel so bestreitet wie wir in der ersten Halbzeit, hat man es nicht verdient, in die nächste Runde einzuziehen. In der Pause hat uns Bo mit auf den Weg gegeben. Wir hatten nichts mehr zu verlieren. Wir wussten, dass es sehr schwer wird, das Spiel zu drehen, aber wir wollten mit einer besseren Stimmung ins nächste Spiel gehen. Und ich denke, wir haben es in der zweiten Halbzeit auch gezeigt, dass wir es besser können.“

Andreas Hanche-Olsen (05-Innenverteidiger): „Die Bayern haben uns eine echte Lehrstunde erteilt. Es war echt hart, ein extrem hohes Level und eine extrem große Enttäuschung. Wir hatten uns viel vorgenommen, wollten aggressiv agieren, standen aber zu tief und kamen nicht richtig in die Zweikämpfe. Wir hatten uns in der Pause vorgenommen, im zweiten Durchgang mehr Mentalität zu zeigen. Wenigstens das ist uns gelungen.“

Martin Schmidt (05-Sportdirektor): „Diese erste Halbzeit war enttäuschend. Wenn wir die Performance von der zweiten Halbzeit von Beginn an auf den Platz gebracht hätten, hätten wir es ein wenig spannender machen können. Aber gegen das FC Bayern der ersten Halbzeit haben die Tugenden, die wir da gezeigt haben, von Beginn an nicht gereicht. Deshalb war das 3:0 für die Bayern verdient. Wir waren von Beginn an nicht da, das war nicht das Mainz-05-Gesicht, das wir hier normal sehen. In der zweiten Halbzeit war das Anlaufen im Vollsprint, da waren die Räume zu. In der ersten Halbzeit war alles so schleppend.“